Ein gemeinsames Verständnis für das, was wirklich "grün" ist.
Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass die EU-Regulatorik schwer nachzuvollziehen und sehr komplex ist. Dieser Artikel soll Ihnen helfen, die Taxonomie innerhalb dieses Gefüges besser zu verstehen und zu erkennen, welche Risiken und vor allem Chancen sich daraus für Ihr Unternehmen ableiten lassen.
Kurz zu den Hintergründen:
Im Dezember 2019 verabschiedete die EU den „Green Deal“, welcher zum Ziel hat, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent wird. Klingt ambitioniert? Ist es auch! Wie betreffen Sie solch politische Entscheidungen als Unternehmen?
Es ist so:
Um Klimaneutralität zu erreichen sind nicht nur klimawirksame Maßnahmen für Verkehr, Landwirtschaft oder Industrie nötig. Der Finanzsektor spielt eine wesentliche Rolle in der nachhaltigen Gestaltung der Wirtschaft. Finanzströme für nachhaltige Projekte sollen umgeleitet werden, um unsere Volkswirtschaften, Unternehmen und Gesellschaften widerstandsfähiger gegen Klima- und Umweltkatastrophen zu machen. Dazu sind eine gemeinsame Sprache und eine klare Definition des Begriffs "nachhaltig" erforderlich. Dafür bietet die Taxonomie-Verordnung, die im Juli 2020 in Kraft getreten ist, eine Grundlage.
1. Was ist die Taxonomie-Verordnung?
Die Taxonomie-Verordnung ist ein System zur Klassifizierung ökologisch nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten. Die dadurch entstandenen messbaren Kriterien schaffen mehr Vergleichbarkeit im gesamten Markt. Mit ihrer Hilfe können Investoren bewusster und zielgerichteter nachhaltig investieren und diese Art von Geldanlagen anderen Investitionen vorziehen.
2. Wie soll die Taxonomie wirken?
Greenwashing effektiv entgegenwirken
Angebot nachhaltiger Geldanlagen transparent machen
Finanzströme in nachhaltige Geldanlagen bzw. nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten lenken
Taxonomie-konforme („nachhaltige“) Wirtschaftsaktivitäten steigern
Berichtspflichten weiterhin verschärfen
Nachfrage an nachhaltige Produkte erhöhen
3. Was beinhaltet die Taxonomie-Verordnung?
Die Verordnung strebt nach der Erfüllung von sechs Umweltzielen:
Was heißt das konkret?
Der 01. Januar 2022 ist Tag X
Ab dann gelten bereits die Kriterien von zwei der sechs Umweltziele (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel). Große, kapitalmarktorientierte Unternehmen, die zur nichtfinanziellen Berichterstattung nach § 289b bzw. § 315b HGB verpflichtet sind, müssen sich daher schon jetzt intensiv mit den Richtlinien der Taxonomie auseinandersetzen. Nach der neuen Verordnung müssen betroffene Unternehmen ab 2023 jede taxonomierelevante Geschäftstätigkeit (Aktivität mit Treibhausgasausstoß) berichten. Dabei ist es völlig egal, ob sie taxonomiekonform („nachhaltig“ bzw. einen Grenzwert nicht übersteigt) ist oder nicht. Es muss zu allen Umweltzielen der EU berichtet werden, worunter neben dem Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel ebenso die Wassernutzung, Kreislaufwirtschaft und Schutz des Ökosystems sowie die Kontrolle von schädlichen Umwelt-Emissionen zählen.
Konkret müssen diese Unternehmen über ihre Anteile an Investitionen (CapEx), Aufwendungen (OpEx) und ökologisch nachhaltigen Umsatzerlösen berichten. Somit soll für Investoren die Frage beantwortet werden, welchen ökologisch nachhaltigen Anteil Unternehmen tatsächlich nachweisen können und somit auch wie zukunftsfähig das Unternehmen ist. Für die Unternehmen bedeutet das, genaue Daten über ihre Geschäftstätigkeiten zu identifizieren und in Kennzahlen zu überführen. Diese müssen dann auf ihre Taxonomie-Konformität überprüft werden. Dafür müssen drei aufeinander aufbauende Kriterien erfüllt werden:
Das ist also kein Wunschkonzert, sondern bitterer Ernst!
Die steigenden Anforderungen, die sich aus der Taxonomie ergeben, betreffen eine Vielzahl an Unternehmen. Wenn 2/3 der nachstehenden Kriterien erfüllt sind, gilt Berichtspflicht:
Alle großen Unternehmen mit...
...mehr als 250 Mitarbeitenden,
...mind. 40 Mio. Euro Umsatz,
...mind. 20 Mio. Bilanzsumme
...sowie alle an der Börse gelisteten Unternehmen (außer Kleinstbetriebe).
Für KMUs, die nicht an der Börse gelistet sind, gilt zunächst keine Pflicht der Berichterstattung. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Informationen über die Nachhaltigkeitstätigkeiten, ist eine intensive Auseinandersetzung mit der Berichterstattung stark zu empfehlen.
4. Alles auf einen Blick
Die EnBW hat es vorgemacht und bereits 2020 einen Probelauf zusammen mit Deloitte gestartet. Angelehnt an dem Bericht der EnBW, haben wir für Sie eine Übersicht erstellt, die Ihnen die Taxonomie mit ihren ganzen Prozessen und Einflussfaktoren sowie Outputs auf einen Blick darstellen soll.
5. Was denken wir?
Die Taxonomie bietet erstmals ein einheitliches Verfahren zur Bewertung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten und ist der Versuch Nachhaltigkeit in die Finanzwelt zu übersetzen.
Viel mehr noch: Sie will Nachhaltigkeit in der Realwirtschaft durch die Finanzwirtschaft mobilisieren.
Zukunftsfähige Geschäftsmodelle, die eine Klimatransformation unterstützen, werden durch die Taxonomie erst erkennbar für Anlegerinnen und sonstige Budgetverantwortliche. Man muss sich dann nicht mehr auf geschönte Nachhaltigkeitsclaims verlassen oder nach Bauchgefühl handeln, sondern kann den einheitlichen Taxonomie-Kriterien vertrauen. Die Taxonomie kann also ermöglichen, dass ausreichend Kapital zu denjenigen Unternehmen fließt, die die entscheidenden Beiträge zur Erreichung des Klimaziels bis 2050 leisten. Sie bietet demnach die Grundlage, um eine grüne Wirtschaft zu finanzieren. Investmententscheidungen selbst, liegen natürlich immer noch bei den Anleger:innen bzw. Budgetverantwortlichen.
6. Neben all der Ernsthaftigkeit: Welche Chancen und Potentiale gibt es?
Die Taxonomie zeigt eines ganz deutlich:
Nachhaltigkeit findet den Weg ins Kerngeschäft unternehmerischen Handelns.
Und diese Unternehmen werden mit ökonomischem Erfolg belohnt. Nachhaltigkeit entscheidet also zukünftig mit über den Erfolg Ihres Unternehmens.
Unsere Empfehlung ist daher:
Machen Sie die nachhaltige Unternehmensausrichtung zu einem Top Thema für Ihr Unternehmen mit der entsprechenden Priorisierung. Gehen Sie bewusst auf diese Herausforderung ein, und das am besten so früh wie möglich. So können Sie Ihr Unternehmen erfolgreich für die Zukunft aufstellen.
Außerdem ist es so, dass Finanzmarktakteure, die sich Nachhaltigkeitszielen verschrieben haben ebenfalls die Verordnung wahrnehmen. Unternehmen, die dementsprechend ihre Geschäftstätigkeiten frühzeitig beginnen zu prüfen, beweisen Zukunftsfähigkeit und angeln sich rechtzeitig Investoren.
Taxonomiekonforme Unternehmen sind attraktive, resiliente Anlagen für Investoren und Banken und haben daher die Chance ihr Angebot zu erweitern und Wettbewerbsvorteile zu sichern. Von einer guten und transparenten Nachhaltigkeitsleistung steigt die Reputation, was auch kundenseitig zu einer höheren Nachfrage führt.
7. So können Sie sich vorbereiten
Entwickeln Sie Ihr Unternehmen nachhaltig und Taxonomie-konform. Ein erster Schritt bildet eine Nachhaltigkeitsstrategie. Wir unterstützen Sie in der Erfassung Ihrer nachhaltigkeitsbezogenen internen Stärken und Schwächen und externen Chancen und Risiken. Die Identifizierung Ihrer wesentlichen Handlungsfelder und die Entwicklung eines Zielbildes für Ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten, schließt sich der Bestandsaufnahme an (mehr Infos). Mit den entsprechenden Maßnahmen für Ihre priorisierten Handlungsfelder, erhalten Sie einen Fahrplan für Ihre unternehmensspezifische Nachhaltigkeitsausrichtung. Damit sind sie erfolgreich für zukünftige nachhaltigkeitsbezogene Anforderungen aufgestellt.
Weitere hilfreiche Quellen:
Blogbeitrag von ecovis
Ein Beitrag von bafin
Factsheet des DNK
Eine Roadmap der CSRD Berichtspflicht
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